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Holz und Mond – dem traditionellen Wissen auf der Spur 

Eine Serie von Untersuchungen, die in den letzten 20 Jahren stattgefunden haben, kann nun verglichen werden. Dadurch werden signifikante Zusammenhänge zwischen Mondphasen und Holzeigenschaften, bezüglich des Fällzeitpunkts, zutage gebracht. Auch dank wissenschaftlicher Publikationen in anerkannten Fachzeitschriften ist nun das Phänomen etabliert und eröffnet unerwartete Perspektiven.

Traditionelle Phytopraktiken und Forschung 

Während die Forsttraditionen verschiedener Kontinente behaupten, dass die Holzqualität stark von einer Baumfällung abhängt, die im Einklang mit den Jahreszeiten und mit den Mondphasen steht, wurde die Frage bisher kaum in einem grössWährend der Einfluss der Mondzyklen auf die Bildung der Gezeiten und auf das Meeresleben wissenschaftlich genau etabliert ist, wird die Rolle solcher Zyklen in der Pflanzenwelt noch oft mit Volksglauben in Verbindung gebracht und entspricht für viele nicht einer wissenschaftlichen Tatsache. eren Umfang wissenschaftlich untersucht. Forstingenieure und Holzforscher an der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau in Biel arbeiteten mit Kollegen der Forstwirtschaft während mehrerer Jahre an der Thematik der Rhythmen in der Baumbiologie und deren Beziehungen zu den Mondzyklen, was zu mehreren interessanten Entdeckungen geführt hat. Diese Forschungen basieren auf Grundlage von 3 früheren, umfänglich kleineren Forschungen, die in Deutschland und an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich stattgefunden hatten.

Drei erste Untersuchungen 

Mit diesen Forschungsarbeiten wurde erstmals der Frage mit wissenschaftlichen Methoden nachgegangen, inwieweit der Fällzeitpunkt, in Bezug auf den Mond, einen Einfluss auf die Eigenschaften des Holzes hat. 

Es handelt sich hier um 3 Untersuchungen, die jeweils auf der Basis von 6 bestimmten Daten durchgeführt wurden. Man wollte 3 «geeignete» Holzschläge alternierend mit 3 «ungeeigneten» Holzschlägen darstellen. Es wurden dazu jeweils 120, 60 und 30 Fichten untersucht. Die Standpunkte dieser und der späteren Autoren gingen, was die statistische Behandlung und die Interpretation der Resultate anbelangte, auseinander. Die Variationen der Dichte nach dem Trocknungsprozess waren jedoch übereinstimmend. 

Die Proben, die getestet und analysiert wurden, mussten einerseits aus dem Splintholz (A) stammen, das teilweise noch lebendig war, andererseits aus dem Kernholz (B) (bei Fichte und Weisstanne auch Reifholz genannt), das viel trockener ist. Das Kernholz besitzt keine aktiven Zellen mehr und bildet den Hauptanteil des Volumens des Stammes ausgewachsener Bäume. Somit haben wir es hier mehrheitlich mit rein physikalischen und, was die Splintholzproben betrifft, teilweise mit biologischen Phänomenen oder Prozessen zu tun. 

Die Proben, die getestet und analysiert wurden, mussten einerseits aus dem Splintholz (Splintholz ist das junge, physiologisch aktive Holz im Stamm eines Baumes) stammen, das teilweise noch lebendig war, andererseits aus dem Kernholz (Kernholz bezeichnet, bei zahlreichen Baumarten im Stammquerschnitt, die physiologisch nicht mehr aktive, meist dunkle, innere Zone, die sich deutlich vom äußeren, hellen Splintholz unterscheidet, bei Fichte und Weisstanne auch Reifholz genannt), das viel trockener ist.

Eine Untersuchung im grossen Massstab

Um die Frage auf eine grundlegendere Art und Weise zu beantworten und sich auf eine breitere Basis von Daten zu stützen, wurde ein neuer Versuch konzipiert. Auf zeitlich neutrale Weise (ohne vorbestimmte, mondbezogene Datenwahl) wurden in 4 (zeitweise 5) Schweizer Standorte simultan 48 aufeinanderfolgende Holzschläge durchgeführt – jeden Montag und jeden Donnerstag. In jedem dieser Standorte wurden somit während 5,5 Monaten 2 Mal wöchentlich jeweils 3 Bäume gefällt, was einem Total von 624 Bäumen entspricht, die im Laufe des Winters 2003–2004 geschlagen wurden. Hauptsächlich wurden Fichten, Edelkastanien und, ergänzend, Weisstannen gefällt. Jeder Baum lieferte aus 2 Höhen im Stamm Serien von Splintholz- und Kernholzproben. Dieses Material wurde unter standardisierten Bedingungen in seinem Trocknungsverhalten untersucht. Unter den verschiedenen, beobachteten und statistisch bestätigten Rhythmen bei 3 beobachteten Hauptkriterien (Wasserverlust, Schwindmass und Dichte) kann zum Beispiel der Wasserverlust bei der Fichte hervorgehoben werden. Dieser variierte systematisch zwischen den Holzschlägen, die unmittelbar vor Vollmond und an beziehungsweise unmittelbar nach dem Vollmond erfolgten. Diese Art von Schwankungen hängt nicht mit einem unterschiedlich anfänglichen Wassergehalt des stehenden Baumes zusammen, sondern mit der Tatsache, dass die Kräfte, welche das Wasser an die Zellwände des Holzgewebes binden, Fluktuationen unterworfen sind. Das Verhältnis zwischen dem Wasser, das leicht aus dem Holz extrahiert werden kann und als «frei» bezeichnet wird, und dem Wasser, welches unterhalb des Fasersättigungspunktes (C) extrahiert wird («gebundenes» Wasser genannt), schwankt in Einklang mit den Mondzyklen und vermutlich auch mit den Jahreszeiten. Zudem treten die Rhythmen, je nach Baumart, unterschiedlich auf.

Der Fasersättigungspunkt bezeichnet einen bestimmten Feuchtezustand von Holz. Bei einem Feuchtegehalt über Fasersättigung kann Holz weitere Feuchtigkeit nur noch in Form von freiem Wasser aufnehmen, was nur geringen Einfluss auf seine physikalischen und mechanischen Eigenschaften hat – das heisst: Es quillt nicht mehr auf.

Auf unerwartete Art weist die statistische Analyse nicht nur signifikante synodische Rhythmen auf (Neumond / zunehmend / Vollmond / abnehmend), sondern auch einen markanten siderischen Rhythmus (nach der Position des Mondes vor den Tierkreis-Konstellationen). 

Kürzlich konnte diese Arbeit mit dem Material aus einem der 4 Hauptstandorte weiter vertieft werden. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die lunar-synodischen Variationen besonders während der 4 Wintermonate November, Dezember, Januar und Februar stattfinden. Dies betrifft zum Beispiel den Wasserverlust während der Trocknung (Abbildung 2), die sich daraus ergebende Dichte (Abbildung 1 unten), aber auch später die Wiederaufnahme von Wasser durch die getrockneten Proben – eine Art «Prägung» zum Vorschein bringend. Zudem ergaben mechanische Tests, zur Ermittlung der Druckfestigkeit und standardisierte kalorimetrische Tests zur Heizwertbestimmung der Proben, ebenfalls systematische Variationen dieser Art. 

Diese Forschungen konnten somit bestätigen, dass in der Basis der mondbezogenen Arbeit der Forstleute ein Kern Wahrheit besteht. Andererseits liefern sie neue Einsichten in die Eigenheiten der Bindekräfte zwischen Holz und Wasser. Ferner ist das weitere Bestehen der Unterschiede nach einem Trocknungsvorgang bemerkenswert. Die Wiederaufnahme von Wasser findet nicht nur im gleichen Sinn wie der Wasserverlust während des Trocknungsprozesses statt, sondern die mondbezogene Variation ist hier sogar deutlich ausgeprägter, besonders für die kurzzeitige kapillare Wasseraufnahme (Aufsaugen durch eine Stirnfläche der Holzproben), im Vergleich mit einem mehrtägigen Eintauchen. 

Entwicklungspotenziale

Diese experimentellen Resultate weisen zudem darauf hin, dass bestimmte, allgemeine und volkstümliche Regeln betreffend, «Mondholz» die Realität massgeblich vereinfachen: In der dargestellten Forschung zeigte die Edelkastanie zwar auch signifikante mondbezogene Variationen, jedoch nicht identisch mit der Fichte. Eine Aufgabe künftiger Forschung könnte somit in einer baumartenbezogenen Verfeinerung der Praktiken liegen (auch der Winterfällung im Vergleich zur Sommerfällung) und vor allem darin, einen eventuellen Effekt auf die Dauerhaftigkeit des Holzes gegenüber Pilz- und Insektenschäden quantitativ zu untersuchen. Verbautes Fassadenholz, das systematisch mehr Regenwasser aufsaugt (wie in Abbildung 3 und 4 dargestellt), ist nämlich der Verwitterung und dem Pilzbefall besonders stark ausgesetzt. Dies könnte in eine neue Form von «Biotechnologie» einmünden, welche den Faktor Zeit berücksichtigt und es möglich macht, widerstandsfähigere Hölzer zu erhalten, die weniger oder sogar keine chemische Schutzbehandlung benötigen.

Autor: Dr. Ernst Zürcher, Forstingenieur und Professor an der Fachhochschule für Architektur, Bau und Holz in Biel.