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Holzgeruch – eine unbeachtete, jedoch wirksame Eigenschaft

Weshalb kann eine Arvenholzstube, wie seit Jahrhunderten überliefert wird, eine positive Wirkung auf unser Wohlbefinden und auf das Gemüt haben? Auf der Suche nach Antworten sind andere als nur unsere visuellen Wahrnehmungen einzubeziehen. Wirkung hat zum Beispiel auch der Geruch.

Visuelle Wahrnehmung 

Eine der Möglichkeiten, den chronischen Mangel an Naturkontakt zu kompensieren und einen merklichen Effekt auf die Belastbarkeit zu erzielen, wurde an der University of British Columbia demonstriert. Mithilfe von Herzfrequenzaufnahmen und Messungen der elektrischen Leitfähigkeit der Haut bei 119 Probanden, konnte festgestellt werden, dass Belastbarkeit, Konzentration und Erholung bei einer genormten Testaufgabe merklich höher, beziehungsweise besser, sind, wenn die Aufgabe in einem Raum mit Auskleidung aus Holz gelöst wird, im Vergleich zu einem Raum mit neutraler Kunststoffbeschichtung. Somit wurde deutlich, dass eine rein visuelle Naturkomponente – Holzästhetik im primären Sinn – einen objektiv messbaren Effekt auf das Wohlbefinden hat.

Holzästhetik kann jedoch auch umfassender verstanden werden, mit Einbezug anderer Formen der Sinneswahrnehmung – zum Beispiel des Geruches, der ebenfalls einen Beitrag zum Empfinden von Harmonie liefern kann. Bisher wurde der Geruch des Holzes kaum oder nur als eine Nebenerscheinung betrachtet, höchstens gelegentlich nützlich bei der Holzartenbestimmung. Dieses Merkmal sollte jedoch in einen grösseren Kontext eingebettet werden und verdient es, in seinen Charakteristiken und in seinen Auswirkungen vertieft erforscht zu werden. Die letzten Arbeiten auf diesem Gebiet lieferten, dank den aktuellen technischen Möglichkeiten, bereits erstaunliche Resultate.

Geruch des Holzes als Bestimmungsmerkmal

Bei einigen Spezies kann der typische Geruch ein nützliches Merkmal zur Holzartenbestimmung sein. Ein berühmtes Beispiel ist das rotbraune zentralamerikanische Cedro-Holz, aus dem Zigarrenschachteln angefertigt werden. Auch bei der Unterscheidung der Nadelhölzer kann der Geruch helfen. Im Gegensatz zum leicht nach Harz duftenden Fichtenholz kann frisch eingeschnittenes, nasskerniges Weisstannenholz unangenehm nach Buttersäure riechen. Auch die Douglasie kann beispielsweise von der Lärche anhand des charakteristisch säuerlichen Geruchs differenziert werden. Jeder kennt zum Beispiel auch den stark würzigen Geruch von Bleistiftholz: Ursprünglich war es «Eastern Red Cedar», auch «Pencil Cedar» genannt – aus der Familie der Zypressengewächse. 

Später musste sich die amerikanische Bleistiftindustrie wegen Holzmangels nach Westen verlegen, um einen gleichwertigen neuen Rohstoff zu verwenden, den «Incense Cedar», mit ähnlich intensiv-würzigem Geruch. Häufig verflüchtigen sich die für den Geruch verantwortlichen chemischen Stoffe mit der Zeit. Es müssen dann zur Holzartenbestimmung Massnahmen ergriffen werden, um den Geruch aufzufrischen. So kann man zum Beispiel die Oberfläche neu anschneiden, sie anhauchen, um die Feuchtigkeit zu erhöhen, oder das Holz mit Wasser befeuchten und erwärmen.

Holzgeruch ist entscheidend für die Verwendung 

Der Geruch des Holzes rührt von flüchtigen Holzinhaltsstoffen her, insbesondere von Bestandteilen der ätherischen Öle, die zum Teil industriell gewonnen und zu Riechstoffen verarbeitet werden. Dies wird zum Beispiel durch Destillation des Sägemehls und der Späne aus Zedernholz der Bleistiftindustrie gemacht. Verschiedene subtropische und tropische Laubhölzer besitzen – im Gegensatz zu den heimischen Arten – einen ausgeprägten Geruch. 

Der angenehme Geruch mancher Hölzer ist teilweise mitbestimmend für deren Verwendungszweck, beispielsweise für Schmuck- und Ziergegenstände. Berühmt sind feine Schreinerwaren aus Rosenholz und dekorative Truhen aus Sandelholz. Bei letzterem stammt der Geruch vermutlich aus dem wohlriechenden Harz, das auch aus älteren Sandelholzbäumen gewonnen wird. Sogar der Rauch des Sandelholzes ist fein ätherisch, würzig und holzig. Hier findet das Räuchern in Form eines wichtigen Rituals der indischen Tradition statt. Einige Duftstoffe üben hingegen eine abstossende Wirkung auf Motten und andere Insekten aus, z. B. die des Kampferbaumes und aller Wacholderarten, weshalb deren Holz früher (und manchmal heute noch) gern für Wäschetruhen und -schränke verwendet wurde. 

Wirkung auf Schlaf- und Lebensqualität 

Während Blütendüfte den Menschen sehr spezifisch und differenziert ansprechen, wird der Geruch eines Waldes, verbunden mit dem «Waldklima », als global wohltuend empfunden. Neben dem Gemisch von anregenden Düften, die sich wie in einem Eigenraum entfalten, wirkt auch die Ausgeglichenheit der Temperatur und der Feuchtigkeit in positiver Weise. Weniger bekannt ist, dass sich die Luftelektrizität im Wald und ihre ionische Zusammensetzung deutlich unterscheiden von einer offenen Landschaft und besonders von Stadtluft. Dies basiert vermutlich auf dem, durch Alessandro Volta, entdeckten Phänomen, dass in der Nähe von Wasserfällen eine negative elektrische Aufladung und damit verbundene Ionisierung der Luft beim Zerstäuben von Wassertropfen stattfindet. Plaisance vermutete, dass die flüchtigen Substanzen und Ausdunstungen eines Nadelwaldes (ätherische Öle, Terpene, Ozon et cetera) dessen Luftionisierung beeinflussen und auch dadurch einen Einfluss auf die menschliche Physiologie haben. Dieser Umstand wurde früher genutzt indem man Sanatorien in Waldumgebung ansiedelte. Heute gibt es therapeutische Atmungsgeräte, die Föhrenharzextrakte elektrostatisch aufladen, um deren Wirksamkeit zu steigern. Neuere Forschungen haben nun gezeigt, dass nicht nur die frische Waldluft, sondern auch der warme Holzduft einen nachweisbaren Effekt auf unsere Gesundheit haben können. Der Nachweis ist Univ. Prof. Maximilian Moser und Mitarbeitern des Joanneum, Forschungsinstitut für Nichtinvasive Diagnostik, mithilfe moderner medizinischer Methodik an Arvenholz gelungen – ein Holz, dessen Wirkung auf das Wohlbefinden und auf das Gemüt über Jahrhunderte überliefert wurde («Arvenstuben»).

Beim Test im Labor (als Blindstudie angelegt) zeigten sich signifikante Unterschiede in der Erholungsqualität zwischen einem Arvenholzzimmer und einem identisch gestalteten Holzdekorzimmer (Holzfotografie auf Kunststoff-Folie als Deckschicht von Faserplatten). Arvenholz bewirkt eine niedrigere Herzrate bei körperlichen und mentalen Belastungen. Die durchschnittliche tägliche Arbeitsersparnis für das Herz liegt bei 3‘500 Schlägen, was einer Stunde Tätigkeit entspricht. Zusätzlich wird in Ruhephasen der vegetative Erholungsprozess beschleunigt. Wetterfühligkeit tritt im Arvenzimmer nicht auf. Nachgewiesen ist auch die bessere Schlafqualität im Arvenholzbett. Andere Studien konnten eindrücklich nachweisen, dass Waldföhrenholz und Eichenholz in direktem Kontakt eine stark antimikrobielle Wirksamkeit besitzen, was vermuten lässt, dass auch deren Düfte wohltuend sein könnten, wie es von den Wäldern schon bekannt ist.

Somit wird ersichtlich, welch vielversprechendes Entwicklungs- und Anwendungspotenzial vorliegt, wenn in Ergänzung zu den herkömmlichen physikalisch-mechanischen Holzeigenschaften der Geruch miteinbezogen wird. Bedenkt man, dass von den etwa 50 zentraleuropäischen Hauptholzarten bereits Arve, Fichte und vermutlich Waldföhre vom Geruch her beim Menschen physiologisch aktiv sind, so lässt sich erahnen, welche Überraschungen unter den weltweit geschätzten 60’000 bis 100’000 Holzarten auf uns warten – als Komponenten einer unsichtbaren Holzästhetik.