Photovoltaik auf Neubauten bedeutet Kostenneutralität

Neubauten müssen energetisch ganz anderen Ansprüchen genügen als noch vor wenigen Jahren. Der Stand der Technik lässt es heute kostengünstig zu, dass nicht nur eine optimierte Wärmedämmung und nachhaltige Baumaterialien eingesetzt werden können, sondern auch, dass die Häuser spielend mehr Strom produzieren können als dass sie über das Jahr gesehen selbst verbrauchen. Dieses Konzept haben die Solarholzbauer schon oft umgesetzt und sie wollen dies zusammen mit anderen regionalen Handwerkern auch bei ihrem neuesten Projekt tun. Gebaut wurden zwei Mehrfamilienhäuser komplett aus Holz, mit 18 Wohnungen – allesamt barrierefrei und altersgerecht. Der Unternehmer Marc Allenbach betont: «Der ökologische Neubau, mit Zugang zum Altersheim, entspricht dem Bedürfnis nach individuellem Wohnen im Alter. Das Projekt passt zudem hervorragend zu uns als Solarholzbauer. Mit der grossen Solaranlage auf dem Dach wird mehr Energie produziert als die Bewohner verbrauchen».

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70’000 kWh Solarstrom jedes Jahr
Die neue Minergie-Überbauung entstand auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Rüsch, im sogenannten «Fröschenmoos» in Reichenbach im Berner Oberland. Gebaut wurde mit ökologischen und einheimischen Materialien, wohngiftfreien Dämmungen und Innenverkleidungen sowie natürlichen Böden und Decken. Zentral zu einem guten Wohngefühl trägt auch eine Photovoltaik-Anlage mit über 74 kWp Leistung bei. Die Anlage stellt im Jahr rund 70’000 kWh Strom her. Aktuell wird für die Gebäude mit einem Jahresverbrauch von 35’000 kWh gerechnet, wovon 14’000 kWh direkt mit Solarstrom vom eigenen Dach abgedeckt werden. Die restlichen 56’000 kWh werden verkauft und der Nachbarschaft zur Verfügung gestellt. In der neuen Überbauung wird der Eigenverbrauch weiter optimiert indem Ladestationen für Elektroautos installiert wurden. In der Einstellhalle sind alle 22 Parkplätze mit Ladestationen ausgerüstet. Dank einer entsprechenden Ladesteuerung können die Autos günstig geladen werden. Sobald zusätzlich Elektrofahrzeuge geladen werden, steigt der Verbrauch auf 60’000 kWh und gleichzeitig der Eigenverbrauch, gemäss heutigen Annahmen, auf rund 24‘000 kWh. Eventuell wird in Zukunft auch eine Pufferbatterie installiert, um den Eigenverbrauch weiter zu erhöhen.

Vom ZEV profitieren alle
Dank einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch, kurz ZEV, profitieren alle Bewohnerinnen und Bewohner der Überbauung der Anlage. Im ZEV bezahlen die einzelnen Bezüger für den Solarstrom, gemäss geltender Vorschriften, mindestens einen Rappen pro Kilowattstunde weniger als der Strom vom örtlichen Elektrizitätswerk aus dem Netz kosten würde. Bei der ZEV-Anlage wird den einzelnen Parteien der Solarstrom mit 10 % Rabatt auf die lokal geltenden BKW-Tarife weiterverrechnet. «Dazu kommt natürlich das gute Gefühl, mit dem eigenen Strom zu backen, zu waschen oder zu fahren», ist sich Marc Allenbach sicher. Ob sich die Anlage mit diesen Preisvorgaben für ihn als Investor rechnet, könne er erst nach ein bis zwei Jahren beurteilen, denn das hänge ganz stark vom Energieverbrauch und den Benutzerinnen und Benutzern ab. «Ich mache es aber in erster Linie aus ideologischen Gründen und weil es aus meiner Sicht heutzutage ein Verbrechen ist, einen Neubau ohne Photovoltaik-Anlage auszustatten», so Allenbach. Klar ist auch, dass es, angesichts hoher Strompreise, immer interessanter wird, Strom vom eigenen Dach beziehen zu können.

Einfache Steuerung der Systeme
Das in der Überbauung «Fröschenmoos» eingesetzte Energiemanagement stammt von der Firma «Smart Energy Link». Die in Bern ansässige Firma, die von Nationalrat Jürg Grossen gegründet wurde, optimiert den täglichen Verbrauch an Solarstrom und macht die Gebäude zum rentablen Kraftwerk. «Smart Energy Link» misst, steuert und verrechnet den Energiehaushalt mit Hilfe von intelligenten Netzen. Im «Fröschenmoos» sorgt das System für einen optimalen Eigenverbrauch, da sie alle relevanten Komponenten steuert: Autoladestationen, Waschmaschinen und sogar die Liftanlage. «Das System SEL ist sehr einfach zu bedienen», erklärt Allenbach. Die Bewohner jeder Wohnung haben die Möglichkeit, mit einem Zugang via Browser ihre aktuellen Verbräuche selber anzuschauen. Die Abrechnung nach einem Quartal ist ebenfalls sehr einfach zu erstellen. Dank der Steuerung geschieht dies automatisiert. In dieser Abrechnung ist nicht nur der Strom, sondern auch das Wasser und die Heizenergie enthalten. Das System generiert direkt die korrekten Zahlen und Abrechnungen als pdf-Datei.

Gelebte Sektorkopplung
Heizenergie und Warmwasser entstehen in der direkten Nachbarschaft aus Biogas, und zwar von einem wahren Biogas-Pionier: «1986 habe ich die erste Biogasanlage gebaut», erklärt Landwirt Niklaus Hari. Damals hätten ihn viele belächelt. Doch heute lacht niemand mehr und spätestens seit Hari eine kostendeckende Einspeisevergütung erhält, ist seine Produktion auch rentabel. Das spezielle an Haris Anlage ist die Grösse. Trotz ihrer Kleinheit funktioniert die Gasproduktion einwandfrei. Mit seiner «Haral GmbH» berät Hari heute nicht nur Landwirtschaftsbetriebe, sondern er plant und baut auch entsprechende Mikrobiogasanlagen. Diese Anlagen weisen eine sensationelle energetische Ausbeute auf. Untersuchungen der Berner Fachhochschule HAFL bestätigen einen doppelt so hohen Gasertrag als bei herkömmlichen Biogasanlagen. Grund dafür ist die spezielle Bauart des Haral’schen Fermenters, hinter welchem Niklaus Hari und Pius Allenbach stehen. Dafür haben die beiden 2020 auch den Unternehmenspreis «Neue Energie der AEE Suisse» erhalten. Das in Reichenbach produzierte Gas wandelt Hari seit 2005, mittels eines Blockheizkraftwerkes, in Strom und Wärme um. Diese Anlage beliefert jetzt auch die neue Überbauung «Fröschenmoos»: «Wir nehmen nun den Grossteil der anfallenden Prozesswärme ab, die durch die Verstromung des Gases im Blockheizkraftwerk anfällt, und nutzen sie in unseren Gebäuden – das ist eine Win-win-Situation», ist Marc Allenbach überzeugt.

Grosse Wirkung mit wenig Mehrkosten
Die Gebäude im «Fröschenmoos» sind mittlerweile fertiggestellt und betriebsbereit. Wie weit eine solche Bauweise inzwischen akzeptiert ist, hat sich gezeigt als die Wohnungen auf den Markt kamen: Es sind zwar mittlerweile alle Wohnungen verkauft und einige neue Besitzer vermieten ihre Wohnung auch weiter. «Die erneuerbare Ausrichtung ist jedoch für praktisch keinen Käufer ausschlaggebend und wird weder positiv noch negativ aufgenommen. Es ist aus der Sicht der Käufer zwar schön, dass das Gebäude nachhaltig und erneuerbar ausgerichtet ist, das war aber kein Kaufgrund», erklärt Allenbach. Gründe für den Kauf seien jedoch eher folgende gewesen: die Lage, der Preis sowie die Möglichkeit, direkt vom Altersheim Dienstleistungen beziehen zu können. Dennoch bin ich der Meinung, dass heute Häuser und Wohnungen immer nachhaltig und möglichst autark erstellt und ausgerichtet werden müssen. Denn der Mehrpreis dafür war bei beiden Mehrfamilienhäusern mit rund 1,5 % Mehrkosten sehr tief», erklärt Solarholzbauer Marc Allenbach. Dabei hat er die Erstellungskosten der Solaranlage nicht zu den Mehrkosten gerechnet. Dies aus einfachem Grund: da sich die Anlage, im Gegensatz zu einem Ziegeldach, dank der Solarstromerträge in den nächsten 10 bis 15 Jahren amortisieren wird. «Die Photovoltaik-Anlage ist ganz klar ein Investment mit einer Rendite», so Allenbach.

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